Humanistische Begleitung

Weltanschauliche Begleitung in Form von kirchlicher Seelsorge ist in vielen Bereichen bundes- oder landesrechtlich geregelte Praxis, z.B. in Militär, Strafvollzug, Krankenhaus, Polizei, bei Unfall oder Katastrophe. Die jeweiligen Tätigkeiten finden politische Befürwortung und Unterstützung. Der Humanistische Verband Deutschlands vertritt die Interessen seiner Mitglieder und die der Konfessionsfreien und ist im rechtlichen Sinne eine den Kirchen und Religionsgemeinschaften gleichgestellte Weltanschauungsgemeinschaft nach Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137 Absatz 7 Weimarer Reichsverfassung. In der Praxis sieht dies jedoch völlig anders aus. Einen Überblick gibt die Veröffentlichung „Gläserne Wände“ (kostenlose Downloadmöglichkeit) aus dem Jahr 2015.

In Gestalt von Modellprojekten will der HVD Dresden nun zunächst die Bereiche Krankenhaus und Strafvollzug angehen mit „Humanistischer Seelsorge“.

Regelmäßig kam von politischer Seite der Einwand, es gäbe keine entsprechende Nachfrage. Wie auch, wenn einerseits das Angebot nicht bekannt gemacht wird und andererseits ohne Refinanzierung entsprechende Strukturen nicht aufgebaut bzw. vorgehalten werden können. Das weitere „Argument“, die kirchlichen Seelsorger würden sich ja auch um die Belange konfessionsfreier Menschen ohne religiöse Weltsicht kümmern, läßt sich durch ein Gedankenexperiment widerlegen:

Wäre den religiösen Bedürfnissen überzeugter Christen oder Muslimen genüge getan, wenn ihnen im Falle einer fatalen Diagnose oder einer vieljährigen Haftstrafe von den ausschließlich vorhandenen weltlich-Humanistischen Begleitern mitgeteilt würde, sie könnten ja ruhig beten, dass ihnen ihr Gott beistehe oder sie beschütze, aber man selbst halte eben nichts davon? Natürlich nicht. Diese Menschen fühlten sich weder in ihrem Empfinden noch in ihren Wünschen ernst genommen; auch haben sie ein gesetzlich verbrieftes Recht auf Seelsorge und Teilnahme an religiösen Zeremonien. Abgesehen davon entspricht es nicht unserem Weltbild, Menschen herablassend zu behandeln, sondern sie – wahrnehmungspsychologisch betrachtet – als Konstrukteure ihrer eigenen Realität anzuerkennen.

Es geht also darum, als subjektiv notwendig empfundene Bedürfnisse ernst zu nehmen und sie zu bedienen. Psychologen können dies nicht leisten, denn sie tun zu recht gut daran, ihre persönlichen Einstellungen aus Beratungsgesprächen herauszuhalten. Überdies ist es gerade nicht ihre Aufgabe, Menschen ggf. auch buchstäblich an die Hand zu nehmen, sondern deren Anspruch auf Diagnose und Therapie von psychischen Erkrankungen zu erfüllen, prognostisch-gutachterlich für die JVA tätig zu sein etc.

 

 

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