Weltanschauliche Vielfalt berücksichtigen, Parität wahren!

25.11.2019. Der Humanistische Verband Dresden (HVDD) hat Kenntnis von einem Hinterzimmer-Deal im Kulturausschuss des Dresdner Stadtrates erhalten, wonach die beiden christlichen Kirchen mehr Einfluss auf den Kulturbeirat erhalten soll. Der Kulturbeirat spricht Empfehlungen über Förderung oder Nichtförderung von Kulturschaffenden unterschiedlichster Disziplinen aus. Die von SPD- und CDU-Fraktion vorgeschlagenen Theologen sollen die kulturellen Belange „aus christlicher Perspektive“ einbringen und vertreten. Hierzu erklärt der Präsident des HVDD, Michael Brade (40):

„Der Wunsch nach einer weltanschaulich-religiösen Perspektive ist zwar nicht auf Anhieb nachvollziehbar, aber legitim. Dennoch muss jegliches staatliches Handeln die Neutralität wahren. Falls der Kulturbeirat tatsächlich um religiös-weltanschauliche Vertreter erweitert werden sollte, dann dürfen Juden, Muslime und Humanisten nicht unberücksichtigt bleiben! Letztere stellen die Mehrheit in der Stadtbevölkerung dar. Zu einer entsprechenden Parität zwingt Artikel 3 des Grundgesetzes bzw. Artikel 18 der Sächsischen Verfassung: Keine einseitige Bevorzugung oder Benachteiligung!“

Brade kritisiert ferner das Vorgehen bei der geplanten einseitigen Installation von Kirchenvertretern: „Unsere repräsentative Demokratie wird von Teilen der Bevölkerung zunehmend infrage gestellt. Die Art und Weise bei diesem Vorhaben in nicht-öffentlicher Sitzung und nicht öffentlich zugänglichen Antragstexten ist Hinterzimmer-Demokratie und leider (!) Wasser auf die Mühlen derer, die sich wieder unhinterfragbare Führergestalten wünschen. Die Angelegenheit mitsamt ihrem „Geschmäckle“ gehört in das Plenum des Stadtrates!“

Der Humanistische Verband Dresden ist eine Weltanschauungsgemeinschaft mit den zwei historischen Wurzeln der reformatorischen deutschkatholischen und freien protestantischen Gemeinden, die sich im deutschen Vormärz 1845 und im Umfeld der Revolution von 1848/49 als Gemeinschaften aufgeklärter Kirchenmitglieder gründeten. In Sachsen nannten sie sich ab 1923 „freireligiös“, bis sie 1935 von den Nationalsozialisten, namentlich Martin Mutschmann verboten und enteignet wurden und über die 40 Jahre DDR-Zeit in Vergessenheit gerieten. 2016 hat sich die Dresdner Gemeinde wiedergegründet und den Vorbildern in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachen und Nordrhein-Westfalen folgend Humanistischer Verband nennt. Humanismus heißt die Lebenshaltung, bei der die Menschen mit ihren Erfahrungen, Bedürfnissen und Hoffnungen im Mittelpunkt stehen und die ethischen Maßstäbe philosophischen Überlegungen entstammen, nicht jedoch dogmatischen Schriften. Gegenwärtig kämpft der HVDD um die Wiedereinsetzung in seine Rechte vor dem Verwaltungsgericht Dresden, denn bereits seit 1848 war er eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Kulturbeirat der LHDD:
www.dresden.de/de/kultur/kulturfoerderung/beratungsfolge/gremien_kultur.php

Interfraktioneller Antrag SPD&CDU A0018/19