Humanistische Perspektiven zur Flüchtlingspolitik

Deckblatt AsylpolitikInfolge wird in diesem Dokument durchgehend von Schutzsuchenden gesprochen. Dies umfasst alle Menschen, die beabsichtigen, einen Asylantrag zu stellen, die bereits einen Asylantrag gestellt haben und sich in einem laufenden Verfahren befinden, nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannte Flüchtlinge, Menschen mit einem subsidiären Schutzstatus, Geduldete sowie Menschen, deren Asylantrag negativ beschieden wurde, die sich aber noch in Deutschland befinden.

Einleitung

Derzeit befinden sich über 50 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen gibt es damit so viele Flüchtlinge wie zuletzt am Ende des Zweiten Weltkrieges. Auch in Deutschland macht sich diese Entwicklung durch die wachsende Zahl von Schutzsuchenden bemerkbar.

Der Humanistische Verband plädiert dafür, dass Deutschland eine ethisch-humanistische Aufnahmepolitik verfolgt und Schutzsuchenden aus Kriegs- und Krisengebieten großzügig Asyl gewährt. Gerade auch die historischen Erfahrungen mit der Bewältigung massenhafter Fluchtbewegungen der eigenen Bevölkerung in Folge der beiden Weltkriege beweisen, dass eine menschenwürdige Aufnahme Schutzsuchender mit politischer Bereitschaft sowie gesellschaftlicher Empathie und Offenheit möglich ist.

Wir befürworten vorbehaltlos das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verankerte Recht auf Asyl und den menschenwürdigen Umgang mit Schutzsuchenden: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geist der Brüderlichkeit begegnen. (…) Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.“

Das Flüchtlingselend wird in besonderem Maße durch die Abschottungspolitik der Europäischen Union verschärft. Schutzsuchenden wird dadurch ein gefahrloser Zugang zur Asylbeantragung verwehrt. Es müssen dringend Möglichkeiten einer gefahrlosen Asylbeantragung, beispielsweise in Botschaften oder durch Einreise-Visa im Ursprungsland und in Transitländern, geschaffen werden. Die EU-Außengrenzen sind für die Opfer von Flucht und Vertreibung durchgängig zu machen. Für das von der internationalen Flüchtlingshilfeorganisation UNHCR geforderte Flüchtlingsumsiedlungsprogramm sind bedeutend mehr Mittel bereitzustellen. So fordert der UNHCR von Deutschland eine Erhöhung von 500 auf 80.000 Plätze im Jahr 2015. Darüber hinaus ist die Europäische Union aufgefordert, durch politische und ökonomische Hilfe die Situation in den Krisenländern substantiell zu verbessern.

Neben zunehmender Polarisierung in Arm und Reich und in Zonen der Sicherheit und Zonen der Unsicherheit in unterschiedlichen Weltgegenden hat der Verlust jeder Hoffnung auf Besserung es für viele Menschen unerträglich gemacht, weiter dort und so zu leben, wie sie zuvor gelebt haben. Perspektiv- und Hoffnungslosigkeit führen ihrerseits zu religiösem Fundamentalismus. Religiöse Verfolgung betrifft zunehmend sowohl Menschen anderen Glaubens als auch religionsfreie Menschen. Unter Flucht und Vertreibung leiden in besonderem Maße auch Frauen und Kinder, die deswegen speziellen Schutzes bedürfen.

Gemeinsam mit der International Humanist and Ethical Union (IHEU) und der European Humanist Federation (EHF) setzen wir uns für die uneingeschränkte weltweite Geltung der Gewissens-, Gedanken-, Meinungs- und Glaubensfreiheit ein, sowie dafür, dass die aufgrund ihres Glaubens oder Nichtglaubens bedrohten und verfolgten Menschen im Asylprozess die notwendige Aufmerksamkeit und sensible Behandlung erfahren.

Wenn wir Flüchtlingen und Asylsuchenden Schutz gewähren, dann unterstützen wir auf Dauer damit auch den Weg zu besseren Lebensbedingungen in ihren Heimatländern und fördern die Durchsetzung der Menschenrechte weltweit. Doch die Aufnahme Schutzsuchender kommt auch unserer eigenen Gesellschaft direkt zugute. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Seit Jahrzehnten profitiert die deutsche Gesellschaft von den zahlreichen positiven Folgen der Einwanderung, wie zum Beispiel von der demografischen Verjüngung und der kulturellen Bereicherung. Damit kulturelle Vielfalt ein Vorteil sein kann, muss sich unsere Gesellschaft aber auch deren Herausforderungen stellen. So ist beispielsweise auf die Sicherung von Chancengleichheit zu achten und die Entstehung von abgeschlossenen „Parallelgesellschaften“ zu verhindern.

Deutschland kann helfen

Deutschlands Gesellschaft lebt vergleichsweise in Frieden, Freiheit und Wohlstand. An die Flüchtlingspolitik der Bundesrepublik Deutschland ist der Maßstab ihrer Hilfsfähigkeit anzulegen, die größer ist als die der meisten anderen Länder. Die Höhe der zur Verfügung gestellten Gelder muss immer wieder an die konkreten Bedarfe angepasst werden, um eine menschenwürdige Aufnahme Schutzsuchender in Deutschland zu garantieren. Die ausreichende Teilhabe an unserem gesellschaftlichen Leben muss natürlich allen Menschen in unserem Land gewährleistet werden. Dem häufig anzutreffenden Sozialneid gegenüber Schutzsuchenden ist durch eine gute Sozialpolitik der Nährboden zu entziehen.

Plädoyer für eine sachliche öffentliche Debatte

Wir Humanist_innen fordern einen respektvollen Umgang mit allen Schutzsuchenden. Kein Mensch verlässt seine Heimat leichtfertig, niemand flieht ohne Grund. Diese elementare Erkenntnis geht im politischen, medialen und gesellschaftlichen Diskurs oftmals unter. Stattdessen ist dieser geprägt von unsachlichen und tendenziösen Zuspitzungen, alarmierenden „Rekord“-Meldungen und Panikmache. Unsere Gesellschaft wird ihrer Verantwortung auch nicht gerecht, wenn sie auf die Bewältigung der verschiedenen Herausforderungen mit Kriminalisierung und Marginalisierung der betroffenen Menschen reagiert. Dies vergiftet den gesellschaftlichen Dialog und ist nicht selten Anker- und Ausgangspunkt von diskriminierenden und/oder fremdenfeindlichen Debatten zu Lasten der Schutzsuchenden.

Die gesamte Gesellschaft ist gefragt, die Aufnahme von Schutzsuchenden sachlich und ausgewogen zu diskutieren und die Herausforderungen anzunehmen. Wir appellieren insbesondere an die öffentlichen, politischen und gesellschaftlichen Akteure, sich ihrer Verantwortung dabei bewusst zu werden und dieser nachzukommen.

Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Eine echte Willkommenskultur für Menschen aus anderen Ländern und Kulturen muss nicht nur von den politisch und administrativ Verantwortlichen gestaltet, sondern insbesondere auch von der gesamten Gesellschaft vor Ort gelebt und getragen werden. Dafür ist die innere Haltung jedes einzelnen Menschen von Bedeutung. Eine humanistische Willkommenskultur setzt die ehrliche Auseinandersetzung mit den eigenen Vorbehalten und Ängsten sowie eine wohlwollende Neugier gegenüber vermeintlich Fremdem und Neuem voraus. Eine möglichst sensible und offene weltanschauliche Begegnung mit Schutzsuchenden aus anderen Kulturkreisen versteht sich für uns von selbst. Wir lehnen ausdrücklich jegliche Form von rassistischen, fremdenfeindlichen und diskriminierenden Äußerungen, Handlungen und Strukturen ab.

Eine erfolgreiche Inklusion der Schutzsuchenden ist für uns alle wichtig. Dabei geht es nicht um eine einseitige Anpassung der Menschen mit Migrationshintergrund an eine wie auch immer geartete deutsche Lebenskultur, sondern um ein aufeinander Zugehen und die gegenseitige Bereicherung von Menschen mit Kulturen und Identitäten im Rahmen des deutschen Grundgesetzes. Bestehenden Ängsten ist durch Aufklärung entgegenzuwirken.

Mindeststandards bei Aufnahme- und Unterbringungsbedingungen

Seit Ende der neunziger Jahre sind die Zahlen der Schutzsuchenden jahrelang kontinuierlich gesunken. Bund und Länder haben auf diesen Rückgang mit dem Abbau von Aufnahmekapazitäten reagiert. Seit 2008 steigen die Zahlen der Schutzsuchenden aufgrund der zum Teil durch Deutschland und Europa miterzeugten Krisen und Kriege wieder stark an. Dies führt aktuell zu tatsächlichen Überlastungen der existierenden Einrichtungen, zu Überforderungsgefühlen bei Trägern und innerhalb der Bevölkerung sowie zu Missständen bei der Aufnahme von Schutzsuchenden. Diese müssen im Sinne einer menschenwürdigen, humanistischen Nothilfe schnellstmöglich durch die Bereitstellung der notwendigen finanziellen Mittel abgestellt werden.

Solange Menschen in Sammelunterkünften untergebracht werden, müssen bundesweit einheitliche Mindeststandards gelten, um eine menschenwürdige Unterbringung zu gewährleisten. Dabei sollte u.a. angestrebt werden, bei der Unterbringung in Sammelunterkünften auf private Sicherheitsdienste gänzlich zu verzichten.

Dezentrale Unterbringung von Schutzsuchenden als Alternative zu Gemeinschaftsunterkünften

Jeder Mensch hat ein Recht auf Privatsphäre, erst recht in Notsituationen. Die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften kann aus humanistischer Perspektive daher nur eine Notlösung sein. Eine Alternative ist die dezentrale und kommunale Versorgung mit Wohnraum. Diese bietet nicht nur die Möglichkeit, auf den aktuellen Mangel freier Aufnahmekapazitäten zu reagieren, sondern ist auch für die Inklusion förderlicher, schützt die Privatsphäre und begünstigt die Eigenständigkeit der Schutzsuchenden.

Grundbedingung für eine gelingende regelhafte Unterbringung in Wohnungen ist die intensive und planvolle Zusammenarbeit von Ländern, Kommunen, Flüchtlingshilfeund Migrantenorganisationen sowie den Menschen vor Ort. Wir sprechen uns für mehr Transparenz bei der Unterbringung durch die Behörden sowie für die öffentliche Förderung und Anerkennung von Modellprojekten zur guten Unterbringung und Inklusion von Schutzsuchenden vor Ort aus.

Für eine Aufhebung der Residenzpflicht

Schutzsuchende werden bei ihrer Ankunft in Deutschland nach dem sog. Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt. Dieser wird jährlich auf Basis der Steuereinnahmen und der Bevölkerungszahl der Bundesländer berechnet, um die mit der Aufnahme verbundenen Aufwendungen gerecht zu verteilen. Auf Basis dieser Umverteilungsregelung kommt es oft zu Trennungen von Familien und Freunden, da familiäre Beziehungen und andere soziale Bindungen im Prozess nicht berücksichtigt werden. Soziale Bindungen aber sind Grundlage für Zufriedenheit und Wohlgefühl, Glück und seelische Ausgeglichenheit. Als Humanist_innen sprechen wir uns deshalb dafür aus, bereits bestehenden sozialen Bindungen Vorrang einzuräumen, wenn es darum geht, die Verteilung von Schutzsuchenden auf die Länder vorzunehmen.

Die Einschränkung des Handlungs- und Gestaltungsspielraums von Schutzsuchenden durch die Residenzpflicht ist in Europa einmalig. Gemäß Artikel 13 in Verbindung mit Artikel 6 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sind wir der Ansicht, dass das „Recht auf Bewegungsfreiheit“ als Menschenrecht uneingeschränkt für alle Menschen unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus gilt. Wir setzen uns daher für die ersatzlose Abschaffung der Residenzpflicht ein. Für eine gerechte Verteilung anfallender Kosten müssen nicht Menschen, sondern die Kosten aufgeteilt werden. Dies kann durch die Festlegung eines Wohnsitzes, an dem Sozialleistungen erbracht werden, gesichert werden.

Schutzbedürftigkeit steht über formalen Rechtstiteln

Bei einem im Einzelfall geprüften und begründeten Negativbescheid sollte das Prinzip der Förderung einer freiwilligen Ausreise in den Vordergrund gestellt werden. Mittelfristig sollte die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich auf Abschiebungen verzichten.

Im Kontext der sog. Dublin-Richtlinie (Dublin I-III) ist in jedem Einzelfall sicherzustellen, dass eine Rückführung in den Staat der Ersteinreise nur infrage kommt, wenn dort ein menschenwürdiges Asylverfahren gewährleistet ist, einschließlich menschenwürdiger Unterbringung, Versorgung und Teilhabe am öffentlichen Leben. Es ist weiter sicherzustellen, dass es bei der Rückführung oder durch die Rückführung selbst nicht zu weiteren menschenrechtlichen Verstößen kommt. Hinsichtlich des Dublin-Systems spricht sich der Humanistische Verband für eine Quotenregelung aus, bei deren Umsetzung bestehende soziale und familiäre Bindungen, Sprachkenntnisse und Wünsche von Schutzsuchenden in den EU-Staaten Berücksichtigung finden sollen.

Statt Asylbewerberleistungsgesetz gleichberechtigte Eingliederung in das System der Sozialhilfe bzw. des Arbeitslosengeldes II

Die meisten Schutzsuchenden bleiben nicht nur Monate, sondern absehbar Jahre in Deutschland. Nur ein kleiner Teil hat die Chance, zurückzukehren. An diese Wirklichkeit müssen die politische Rechtslage und die gesellschaftlichen Inklusionsbemühungen angepasst werden. Es braucht mehr Beteiligungs- und Teilhabemöglichkeiten, um Schutzsuchenden und ihren Familien in Deutschland die Gestaltung einer selbstbestimmten Lebensperspektive zu ermöglichen.

Gemäß Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte hat jede Person das „Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewährleistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen“. Wir sprechen uns deshalb für die mittelfristige Ablösung des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) und die Versorgung von Schutzsuchenden durch die normale Grundsicherung auf Basis des Sozialgesetzbuches (SGB XII) aus. Wir folgen mit dieser Forderung der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts, das 2012 empfahl, das Sozialrecht nicht unter einen aufenthaltsrechtlichen Vorbehalt zu stellen. Die Mindestsicherung muss in Deutschland für alle Menschen gelten, da die Umgebungs- und Lebensbedingungen für alle gleich sind. Solange das AsylbLG noch gilt, ist der Vorrang des Sachleistungs- vor dem Geldleistungsprinzip vollständig aufzulösen. Einer sinnvollen Ergänzung von Geldleistungen durch Sachleistungen in den ersten Tagen der Aufnahme steht nichts im Wege.

Zugang zu medizinischer Versorgung

Die gleichberechtigte soziale Versorgung schließt auch den unterschiedslosen Zugang zu medizinischen Versorgungsleistungen und Beratungsangeboten ein. Die Schutzsuchenden sind in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen.

Bestehende Einschränkungen der Gesundheitsversorgung durch das AsylbLG §§ 4 und 6 auf den akuten, unaufschiebbaren Krankheitsfall, bei Schmerzzuständen und für Schwangerschaft und Entbindung widersprechen nicht nur dem humanistischen Hilfegebot, sondern auch der Achtung der Menschenwürde.

Insbesondere Menschen mit besonderen medizinischen Bedürfnissen dürfen nicht in eine Versorgungslücke fallen. Hier ist auch besonders auf Probleme von Kindern mit Behinderungen hinzuweisen. Ebenso sind die Folgen traumatischer Erlebnisse von Kindern und Erwachsenen ernst zu nehmen und zu kurieren.

Die reguläre medizinische Versorgung von Schutzsuchenden sollte durch Hilfe- und Anlaufstellen, Beratungsdienste und Unterstützungsangebote Ergänzung finden. Diese sollten gemeinsam mit hier lebenden Migrantinnen und Migranten an reale Bedürfnisse angepasst und weiterentwickelt werden.

Hilfe für besonders Schutzbedürftige

Bei der Unterbringung und Betreuung von Schutzsuchenden ist auf besondere Schutzbedürftigkeit beispielsweise von Frauen und Kindern zu achten. In Gemeinschaftsunterkünften ist der nötige Schutz- und Rückzugsraum zu gewährleisten. Besonders bei traumatischen Vertreibungs- und Fluchterlebnissen ist im gesamten Asylverfahren die erforderliche Sensibilität sicherzustellen.

Gezielte Förderung durch Sprach- und Bildungsangebote

Grundbedingung für die Entwicklung einer selbstbestimmten Lebensperspektive ist der uneingeschränkte Zugang zu Sprach- und Eingliederungskursen, zu Bildungs- und Ausbildungsangeboten einschließlich frühzeitiger Ausbildungsförderung (BAföG), sowie schnellstmöglicher und uneingeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt.

Die Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse durch das „Anerkennungsgesetz“ sowie der regelhafte Zugang der Kinder von Schutzsuchenden in Kindertagesstätten und Schulen sind zu gewährleisten und zu verbessern. Ergänzende Beratungs-, Vorbereitungs- und Freizeitangebote durch freie soziale Träger, die positiv zur Inklusion von Schutzsuchenden beitragen, sollten Förderung erfahren.

Darüber hinaus müssen mehr Begegnungs- und Kontaktmöglichkeiten zwischen der Wohnbevölkerung und den Schutzsuchenden in Deutschland geschaffen werden, um proaktiv zum Abbau von Vorurteilen beizutragen und das friedliche Miteinander zu fördern. Insbesondere aus der Aufnahmegesellschaft heraus entstehende Nachbarschafts- und Stadtteilinitiativen, niedrigschwellige Zugangsmöglichkeiten zu sozialen Einrichtungen und Projekten sowie Hilfeangebote zur Selbsthilfe sind deshalb zu fördern und zu unterstützen. Sie bieten klassische Ansätze der Hilfe zur Selbsthilfe. Die Migrantenselbstorganisation sowie die Flüchtlingssozialarbeit sind von allen Seiten der Gesellschaft zu stärken.

Angebote des Humanistischen Verbandes

Die im Humanistischen Verband organisierten Humanist_innen setzen sich gemäß ihrem Selbstverständnis für eine vielfältige und lebensbejahende Gesellschaft ein, in der alle Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft, Nationalität, weltanschaulichen und sexuellen Identität sowie ihrem Aufenthaltsstatus, die gleiche Chance zur Entwicklung einer selbstbestimmten Lebensperspektive in Deutschland erhalten sollen. Hilfsangebote des Humanistischen Verbandes stehen grundsätzlich allen Menschen offen. Es ist uns aufgrund unseres weltanschaulichen Selbstverständnisses aber auch ein Anliegen, jenen Schutzsuchenden, die ein besonderes Interesse an Hilfe- und Inklusionsangeboten ohne religiöse Fundierung haben, solche in unseren Einrichtungen zu bieten.

Beschluss des Bundeshauptausschusses
Nürnberg, 9. Mai 2015

Hintergrundinformationen

Der Humanistische Verband Deutschlands ist eine humanistische Weltanschauungsgemeinschaft im Sinne des Grundgesetzes sowie eine Kultur- und Interessenorganisation von konfessionsfreien und nichtreligiösen Menschen. In unserem Verband haben sich Menschen zusammengeschlossen, die für einen modernen Humanismus eintreten. Wir sind miteinander durch säkulare ethische Lebensauffassungen verbunden. Die bundesweit 21.000 Mitglieder haben sich eine überparteiliche, föderalistische und demokratische Organisationsstruktur gegeben, die in derzeit rund 100 unterschiedlichen Projekten Kultur- und Bildungsangebote sowie soziale Unterstützung und Beratung anbieten.

Zweck unseres Verbandes ist die Förderung von Humanismus und Humanität auf weltlicher Grundlage. Wir sind der Überzeugung, dass ein moderner praktischer Humanismus im Kern darin besteht, dass Menschen ein selbstbestimmtes und verantwortliches Leben führen und einfordern, ohne sich dabei an religiösen Glaubensvorstellungen zu orientieren. Unser praktischer Humanismus unterstützt Menschen in allen individuellen Lebensphasen: von der Schwangerschaft bis zur Kindererziehung, durch unsere Jugend- und Bildungsarbeit, durch Sozialarbeit, Altenpflege und Sterbebegleitung.

Wir sind Mitglied der Internationalen Humanistischen und Ethischen Union, dem globalen Dachverband von über 100 humanistischen und säkularen Organisationen aus rund vierzig Ländern. Im Rahmen der Europäischen Humanistischen Föderation arbeiten wir auch an der Verständigung und Interessenvertretung von konfessionsfreien Menschen in der Europäischen Union mit.